- Ein Beispiel zum Start: Was bedeutet Visualisierung im Tennis-Kontext?
- Gehe die Visualisierung mit allen Sinnen an
- Die Visualisierung kann ein Sicherheitsanker im Match sein
- Deine Vorstellungskraft kann auch einen negativen Einfluss haben
- Du möchtest die Visualisierung als mentales Tool nutzen? Dann probiere es einfach mal aus!
Bei der Visualisierung handelt es sich um eine mentale Technik, die besonders im (Leistungs-)sport von Bedeutung ist. Im Kern geht es darum, bestimmte Situationen vor dem inneren Auge ablaufen zu lassen, um so die mentale Kontrolle darüber zu erhalten. Ich erkläre dir, wie du die Visualisierung selbst im Tennis anwenden kannst.
Ein Beispiel zum Start: Was bedeutet Visualisierung im Tennis-Kontext?
Einer meiner besten Schläge ist der Passierball. Wenn mein Gegner seinen Angriffsball nicht konsequent genug spielt, läuft das, was jetzt kommt, fast wie ein Film vor meinem inneren Auge ab: Ich renne zum Ball, spüre, dass der Abstand passt und nagel das Ding entweder cross oder longline an meinem heranstürmenden Kontrahenten vorbei.
Schon bevor ich den Schlag durchgeführt habe, kann ich mir das Resultat vorstellen, weil ich bereits sehr oft in der Situation war und genau weiß, wie es sich anfühlt, einen guten Passierschlag zu spielen. Spätestens im Treffpunkt weiß ich dann, ob es auch wieder geklappt hat. Ohne übers Netz zu sehen (denn meine Augen sollen ja den Ball fixieren), kann ich trotzdem erahnen, welche Flugkurve der Ball hat und dass mein Gegner sich noch so sehr strecken kann.
Gehe die Visualisierung mit allen Sinnen an
Der Begriff „Visualisierung“ ist eigentlich zu kurz gegriffen, denn es geht nicht nur darum, sich einen guten Schlag optisch vorzustellen. Auch das Feeling, das du während der Ausführung des Schlages hast, muss passen und dich idealerweise an die erfolgreichsten Momente deiner Tenniskarriere erinnern. Oder zumindest an das gute Gefühl aus der letzten Trainingseinheit.
Versuch es doch einfach mal selbst: Stelle dir vor, du würdest gerade auf dem Tennisplatz spielen und musst als nächstes eine Vorhand schlagen. Schließe die Augen und stelle dir vor, wie sich das Racket in der Hand anfühlt, während du ausholst. Versuche nachzuempfinden, wie du noch ein paar Anpassungsschritte machst, um ideal zum Ball zu stehen. Dann musst du dir natürlich den Sound in Erinnerung rufen, den ein satter Schlag auslöst und auch das Feedback im Handgelenk und Arm.
Um die Kraft der Visualisierung im Match für dich zum Vorteil nutzen zu können, solltest du an deiner Achtsamkeit im Training arbeiten. Versuche beim nächsten Mal deinen Fokus darauf zu legen, wie sich bestimmte Schläge anfühlen und stelle dir bereits vor deinem inneren Auge vor, welcher Output dabei herauskommt:
- Welche Flugkurve nimmt der Ball?
- Wie schnell fliegt er übers Netz?
- Wo kommt der Ball auf?
- Wohin treibst du deinen Gegner mit dem Schlag?
Idealerweise liegt deine Erwartungshaltung an deinen Schlag nah an der Wirklichkeit. Je mehr du die Visualisierung deiner Schläge vorab durchführst, desto eher wirst du ein Gefühl dafür entwickeln.
Wichtig ist auch, dass du keine Traumschläge erwartest, wenn du selbst in Bedrängnis bist. Die Visualisierung ist kein Wunschkonzert, sondern soll dir dabei helfen, erfolgreiche Lösungen zu finden, die dir in einer bestimmten Situation schon verlässlich gelungen sind.
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Die Visualisierung kann ein Sicherheitsanker im Match sein
Es kann immer mal passieren, dass du im Match unsicher bist, Angst vor Fehlern verspürst oder einfach nicht das richtige Feeling bekommst. Die Visualisierung kann dabei helfen, zurück in die Spur zu finden.
Vergiss den Spielstand, blende die Gesamtsituation aus, sondern lass dich nur davon durchströmen, wie sich ein guter Schlag anfühlt. Wenn du es im Training einstudiert hast, wirst du es mit größerer Wahrscheinlichkeit auch im Match abrufen können.
Wenn dir heute schon viele Doppelfehler unterlaufen sind, stelle dir vor, wie du den Ball satt über dem Kopf triffst und er mit genügend Sicherheitsabstand übers Netz und auch nicht zu dicht an die Linie fliegt. Dein Gehirn kann nichts damit anfangen „bloß keinen Doppelfehler“ zu machen. Du solltest dir etwas Konkretes und Positives vorstellen, damit dein Körper die richtigen Bewegungsabläufe abrufen kann, die zu diesem Vorhaben passen.
Du kannst dir natürlich nicht einfach nur wünschen, dass etwas klappt, was völlig unrealistisch ist. Du musst die Erfahrung schon oft im Training erlebt haben. Aber das, was dir schon oft gelungen ist, kannst du wieder abrufen und die Visualisierung kann dir hier gute Dienste erweisen.
Deine Vorstellungskraft kann auch einen negativen Einfluss haben
Natürlich ist die erfolgreiche Visualisierung deiner Schläge kein Selbstläufer und es braucht viel Übung und Zutrauen in diese Methode, um sie zu deinem Vorteil zu nutzen.
Was jeder Tennisspieler aber intuitiv kann, ist die Zerstörung des eigenen Spiels durch negative Visualisierung. Denkst du schon beim Aufschlag an den drohenden Doppelfehler, tritt meist die sich selbsterfüllende Prophezeiung ein und der Ball landet in der Netzwurzel.
Vielen Spielern ist nicht bewusst, dass sie oft unbeabsichtigt visualisieren. Wenn ein hoher Schmetterball bei einem kritischen Punkt zu spielen ist, rattern bei manchen Spielern schon alle möglichen Horrorszenarien im Kopf ab und dann wird der vermeintlich einfache Ball verschlagen.
Aus diesem Grund ist es sehr sinnvoll, sich mit der Visualisierung im Tennis auseinanderzusetzen, die Risiken einer fehlenden oder negativen Visualisierung zu vermindern und die stärkende Wirkung der Vorstellungskraft zu erlernen.
Du möchtest die Visualisierung als mentales Tool nutzen? Dann probiere es einfach mal aus!
Die Visualisierung kannst du nicht perfektionieren, indem du Fachliteratur zum menschlichen Gehirn durcharbeitest. Du musst es selbst ausprobieren und Erfahrungen sammeln, wie sich gute Schläge für dich anfühlen und wie du dieses Gefühl immer zuverlässiger abrufen kannst.
Mein Tipp ist, dass du die Visualisierung erstmal beim Aufschlag ausprobierst, denn hier kannst du selbst das Tempo gut bestimmen und völlig frei entscheiden, wie intensiv du visualisierst. Wenn du also das nächste Mal alleine trainierst und eine Runde Aufschläge übst, konzentriere dich bewusster auf dein Feeling und versuche die Visualisierung einzustudieren.
Aber das gilt grundsätzlich für jede Trainingseinheit: Statt blind Bälle zu kloppen und nur „den Kopf freizubekommen“ kannst du jedes Training nutzen, um wertvolle Erfahrungen zu sammeln, die du dann auch im Match abrufen kannst.
Über den Autor
Ich spiele Tennis seit ich 6 Jahre alt bin, habe über 12 Jahre Erfahrung als Tennistrainer und stehe aktuell auf Platz 288 der DTB-Rangliste der Herren.
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