Tennisprofi werden: Wer kann davon leben & wie sollten sich Talente entscheiden?

🎾 Autor: Timm Schaffner – ⏳ Lesezeit: 8 Minuten – ✍️ zuletzt aktualisiert: 07.10.2023

🎾 Autor: Timm Schaffner
⏳ Lesezeit: 8 Minuten
✍️ zuletzt aktualisiert: 07.10.2023

Viele Tennisspieler träumen davon, eines Tages als Profi auf den Center-Courts der Welt zu stehen und vielleicht sogar einen Grand Slam zu gewinnen. Doch den meisten wird schnell klar, dass der Weg zum Tennisprofi steinig und vor allem teuer ist. Ich erkläre dir, wer vom Tennis leben kann, wie man grundsätzlich Tennisprofi wird und warum der Weg übers College vielleicht ein guter Kompromiss ist, statt volles Risiko zu gehen.

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Wer kann überhaupt als Tennisprofi vom Sport leben?

Bevor man sich die Frage stellen, wie man Tennisprofi wird, sollte man sich vielleicht erstmal damit auseinandersetzen, wie viele Menschen überhaupt Geld mit dem Sport verdienen können.

Spoiler-Alarm: Es sind verdammt wenige!

Die Top 100 als magische Grenze für Tennisprofis?

Eine Faustregel besagt, dass man in den Top 100 der Welt stehen muss, um ein gutes Einkommen als Tennisprofi zu haben und auch Rücklagen für die Zeit nach der Karriere aufbauen zu können. Dann steht man in den Hauptfeldern der Grand Slams und wird mit mindestens mit 500.000 € Preisgeld pro Jahr rechnen können.

Allerdings sollte man nicht vergessen, dass mit den Preisgeldeinnahmen viele Kosten finanziert werden müssen:

  • Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten
  • Trainerhonorare und Kosten fürs weitere Team (z.B. Physio)
  • ggf. Rückzahlung von Krediten, die für die Tenniskarriere aufgenommen wurden

Wer anspruchslos reist, kein großes Team um sich versammelt und seine Turniere clever plant, kann seine Kosten deutlich reduzieren. Für diesen Lebensstil ist vor allem der deutsch-jamaikanische Tennisprofi Dustin Brown bekannt, der im Wohnmobil von Turnier zu Turnier gereist ist. Kann man also auch in unteren Ranglistenbereichen gut über die Runden kommen?

Außerhalb der Top 100 muss man sich clever anstellen, um durchzukommen!

Spieler im Ranglistenbereich zwischen 100 und 300 der Welt müssen sich gut überlegen, ob sie das Risiko auf sich nehmen und die Qualifikationen der größeren Turniere spielen oder auf der niedrigklassigeren Challenger-Tour mehr Punkte zu sammeln und sein Ranking zu festigen, dafür aber weniger Preisgeld zu verdienen.

Wer in den Top 300 spielt, kann seine Einnahmen erhöhen, indem er für Vereine in der 1. und 2. Bundesliga antritt. Hier ist ein niedriges bis mittleres fünfstelliges Jahreseinkommen als Grundstock realistisch. Allerdings reicht das natürlich nicht aus, um Rücklagen zu bilden.


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Die Weichen für eine Profi-Karriere werden schon in jungen Jahren gestellt

Schaut man sich die Gesamtheit aller Tennisprofis an, wird man feststellen, dass die meisten von ihnen schon mit 5 oder 6 Jahren den Fokus voll auf die Sportart gelegt haben. In seltenen Fällen gibt es Ausnahmen, wie z.B. Jannik Sinner, der bis zu seinem neunten Lebensjahr achtbare Erfolge als Skifahrer erzielte, bevor er sich ausschließlich aufs Tennisspielen konzentrierte.

Aber du siehst schon: Wer mit zehn Jahren noch nie den Schläger in der Hand hatte, wird in der Regel kein Tennisprofi mehr. Und wenn es doch ein paar Beispiele geben sollte, dann haben diese Spieler garantiert schon zuvor eine Sportart leistungsmäßig ausgeübt.

Die Auslese beginnt in den Leistungszentren

Der klassische Karriereweg eines angehenden Profis führt durch die Leistungszentren der Verbände. In Deutschland gibt es z.B. mehrere regionale Stützpunkte sowie den DTB-Stützpunkt. Hier werden talentierte Kids ausgebildet und können mit den besten Spielern aus ihrem Jahrgang sowie mit guten Coaches trainieren.

Auch hier gilt: Eine Chance auf Förderung hat nur, wer schon von Anfang an dabei ist. Denn sonst fliegt man unterm Radar und erhält nur sehr unwahrscheinlich Einladungen zu Sichtungen oder kann sich die Hoffnung machen, an einer Sportschule speziell gefördert zu werden.

Wer in den Leistungszentren trainiert, bekommt gerne auch mal eine Wild Card für größere Turniere im Jugendbereich bzw. wird für bestimmte Events überhaupt erst vorgesehen. Gehört man nicht zu den besten Spielern seines Jahrgangs, muss man sich mühsam in die Felder spielen.

Tennis-Akademien möchten die Profis der Zukunft ausbilden

Anders als beim Fußball, wo die Vereine ein wirtschaftliches Interesse daran haben, ihre Nachwuchsspieler auszubilden, ist das System im Tennis in dieser Hinsicht etwas problematischer.

Natürlich gibt es eine gewisse Förderung für Nachwuchstalente und die besten 2-3 Jugendlichen eines Jahrgangs können sich mit Sicherheit auf eine finanzielle Unterstützung einstellen. Dennoch geht man auf dem Weg zum Tennisprofi viel Risiko ein. Totz Zuschüssen muss oftmals eine hohe Summe aus eigenen Mitteln aufgebracht werden, wenn man nicht gerade einen zahlungskräftigen Mäzen bzw. Sponsor in der Hinterhand hat.

Viele Spieler, die den Weg zum Tennisprofi schaffen wollen, trainieren in einer Akademie, wo sie die Mittlere Reife oder sogar das Abitur parallel absolvieren können, wenn sie an ihrer Karriere arbeiten. Auch hier muss man sich darauf einstellen, dass hohe Kosten auf einen zukommen.

Der große Vorteil einer Tennisakademie ist, dass man hier alles aus einer Hand bekommt:

  • eine gute Anlage mit idealerweise verschiedenen Bodenbelägen
  • ein komplettes Team: Tennistrainer, Fitnesscoach, Physio, Mentalcoach, Finanzberater etc.
  • andere motivierte Spieler, die einen dazu pushen, das Beste aus sich herauszuholen
  • ggf. eine Verzahnung mit der schulische Ausbildung oder zumindest pädagogische Betreuung

Dieses Komplettpaket hat aber natürlich seinen Preis. Man kann davon ausgehen, dass niemand eine Tennisakademie in Vollzeit besuchen kann, ohne dafür mindestens ein paar tausend Euro im Monat einzuplanen.

Je besser man wird, desto teurer werden die Turnierreisen

Auf regionaler Ebene sind Tennisturniere für Eltern und Spieler zwar zeitintensiv, vom Kostenpunkt her aber noch überschaubar. Selbst wenn man mal übernachten muss, weil das Turnier etwas weiter weg ist, werden sich dies die meisten noch leisten können, zumal es oft auch günstige Hotel-Deals im Rahmen des Turniers gibt.

Macht der Spieler große Fortschritte und möchte quer durch Deutschland reisen oder sogar internationale Jugendturniere zu spielen, wird es schon teurer. Wer die Reisestrapazen und die damit verbundenen Kosten nicht auf sich nehmen möchte, muss dabei zusehen, wie weniger talentierte Kinder sich die begehrten Ranglistenpunkte erspielen und somit in den Fokus der Coaches kommen.

Die Reisekosten und das Trainierhonorar sind im Jugendtennis die größten Kostenpunkte. Top-Nachwuchsspieler können darauf hoffen, dass ihnen zumindest das Material ersetzt wird, denn die Marken vergeben hin und wieder Verträge. Am besten klappt das natürlich, wenn man entweder richtig gut ist oder Connections hat.

Aber das ist auch ein kleiner Teufelskreis, denn um einen Vertrag mit einem Ausrüster oder gar einem Sponsor zu bekommen, sollte man ein gutes Ranking vorweisen können. Aber wie soll man sich ein solches Ranking erarbeiten, wenn man nicht das Geld hat, um ausreichend zu trainieren und nationale sowie internationale Turniere zu besuchen?

Der Weg zum Tennisprofi steckt voller Risiken

Tennis ist ein Einzelsport. Deshalb würde ich niemandem raten, alles auf eine Karte zu setzen. Eine Verletzung reicht aus und die jahrelange Aufbauarbeit ist dahin. Zudem sollte nicht unterschätzt werden, dass der Tennissport gerade für junge Menschen auch mental sehr belastend sein kann.

Ich kenne zahlreiche hoffnungsvolle Talente, die entweder am mentalen Druck oder an der Belastungsfähigkeit ihres Körpers gescheitert sind. Zum Glück haben die wenigsten von ihnen die Schule abgebrochen, um dann auf dem Boden der Tatsachen zu landen.

Da kenne ich eigentlich nur einen, gegen den ich in meiner Jugend auch einige Matches spielen musste (und leider immer verloren habe, obwohl er drei Jahre jünger war): Alexander Zverev, unsere deutsche Nummer eins und vermutlich die größte Grand-Slam-Hoffnung seit der Becker- und Stich-Ära.

Mein Tipp für alle, die Tennisprofi werden wollen: College Tennis spielen statt den Lebensweg zu riskieren!

Wer sich für Tennis interessiert, kennt natürlich die deutschen Profis Andreas Mies und Dominik Koepfer oder auch die US-amerikanischen Spieler John Isner und Jack Sock. Aber hättest du gewusst, dass sie alle vor ihrem Durchbruch auf der Tour College Tennis gespielt haben?

In den USA ist der College-Sport fester Bestandteil des Hochschulwesens und junge Athleten bekommen attraktive Stipendien, wenn sie sich für ein College entscheiden, das sie für ihr Team möchte. Dafür muss man zwar ein gutes Level spielen, aber es ist bei weitem nicht notwendig, dass du zu den besten Spielern deines Jahrgangs zählst.

Wer den Traum hegt, eines Tages als Tennisprofi durchzustarten, solle sich für ein College bewerben, denn die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Du kannst kostenlos trainieren und hast dutzende Spieler als Trainingspartner, mit denen du gemeinsam besser werden kannst.
  • Dein Alltag, Studium und dein Tennis-Programm sind perfekt miteinander verzahnt, sodass du effizient trainieren kannst.
  • Statt nach der Schule volles Risiko zu gehen (oder die Schule sogar abzubrechen) erwirbst du einen Abschluss, der dir alle Karriereoptionen offen hält.

Und wenn du nach deiner Zeit im College nicht das Niveau hast, um auf der ATP- oder WTA-Tour durchzustarten, kannst du danach mit Sicherheit zumindest auf eine tolle Erfahrung zurückblicken, wirst deinen ersten Job ergreifen und kannst vielleicht noch nebenbei als Tennistrainer arbeiten, um die nächste Generation dabei zu unterstützen, das nötige Level zu erreichen, um eines Tages vielleicht sogar Tennisprofi zu werden.


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