Früher war ich mir sicher: Man kann noch so viel trainieren, aber die Angst vor Fehlern im Tennis, die manche Spieler immer wieder im Wettkampf heimsucht, kann man nur im Turnier verbessern. Inzwischen habe ich meine Meinung geändert.
Ich bin heute ein klarer Verfechter davon, dass man Drucksituationen auch im Training sehr gut heraufbeschwören kann. Ich zeige dir meine liebsten drei Übungen, die dir dabei helfen werden, weniger Angst vor Fehlern zu haben – oder besser damit umzugehen.
Warum hat man im Tennis Angst vor Fehlern?
Man kann es nicht oft genug sagen: Fehler gehören im Tennis dazu. Die Angst vor Fehlern ist natürlich nachvollziehbar, denn man will ja schließlich das Match nicht verlieren, was unweigerlich passieren würde, wenn man zu viele Fehler macht. Doch mental schwache Spieler neigen dazu, die Auswirkungen eines Fehlers zu überdramatisieren.
Ein sinnvoller Matchplan im Tennis wird immer das Risiko von Fehlern beinhalten. Natürlich solltest du Prozenttennis spielen und nicht zu wilde Bälle durch die Gegend hauen, aber wenn die Angst vor dem Fehler dich bei jedem Schlag erdrückt, wirst du deine Taktik nicht durchziehen können und wohl kaum dein bestes Tennis spielen.
Die Angst vor Fehlern ablegen – geht das überhaupt?
Viele Spieler sehen Nervosität als etwas Schlechtes an. Aber das stimmt nur teilweise. Bis zu einem gewissen Maß ist Nervosität förderlich, weil sie deinen Fokus erhöhen und deine Konzentrationsfähigkeit steigern kann.
Doch jeder kennt natürlich das Gefühl, von Nervosität übermannt zu werden und fast schon Angst zu empfinden – bei der Führerscheinprüfung, beim ersten Date, vor einer wichtigen Klausur. Das Besondere an solchen Situationen ist, dass sie sehr bedeutungsvoll sind und du wenig Routine in ihnen hast. Da hätten wir auch schon die wichtigsten Schlagworte: Bedeutung und Routine.
Zur Bedeutung habe ich dir schon etwas gesagt: Ein Fehler bedeutet im Tennis nicht die Welt. Natürlich ist ein Breakball eine wichtige Situation, aber es ist nichts, was du nicht im Laufe des Matches wieder gerade biegen könntest. Trotzdem ist es quasi unausweichlich, dass die Angst vor Fehlern dich manchmal plötzlich überkommt.
Deshalb müssen wir über Routine reden. Statt zu vermeiden, dass du Angst vor Fehlern hast, musst du lernen, mit diesem Gefühl klarzukommen. Dabei helfen manchen Spielern psychologische Tricks und Atemtechniken, doch am Ende musst du erstmal in die Situationen kommen, in denen du dich der Challenge stellen kannst.
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Übung 1: Mentaler Fight durch die Mitte
Du musst noch nicht einmal komplett aufgewärmt sein, um die erste Nervenschlacht auf dem Platz heraufzubeschwören. Bei dieser Übung geht es darum, welcher Spieler zäher ist und den Ball öfter ohne Fehler durch die Mitte zurückspielen kann.
Geht der Ball zu weit seitlich, aber noch ins Feld, wird der Punkt wiederholt. Zu kurze Bälle (kürzer als die T-Linie) darf man zweimal aufspringen lassen. Es gibt ansonsten keine Vorgaben, was Tempo oder Schnitt angeht.
Gespielt wird bis 3 Punkte. Bei 2:2 gibt es einen Entscheidungspunkt. Wenn man es auf die Spitze treiben möchte, kann man auch um eine kleine Bestrafung spielen, wie z.B. 20 Liegestütze. Aber der Erfahrung nach reicht ein gesunder Ehrgeiz aus, um das gewünschte Feeling zu triggern.
Übung 2: Der heiße Ball
Bei der zweiten Übung handelt es sich um eine ähnliche Spielform. Der Ball wird zunächst durch die Mitte geschlagen und jedes Mal, wenn er länger als die T-Linie im Feld landet, wird nach oben gezählt: 1, 2, 3 und so weiter.
Spielt ein Spieler den Ball kürzer als die T-Linie, ist das Spiel eröffnet. Allerdings geht es nicht nur um einen Punkt, sondern um so viele Punkte, wie der Ballwechsel vorher gedauert hat. Je nachdem, bis wie viel man das Spiel spielt, kann schon die erste Rally das ganze Match entscheiden.
Um noch etwas mentale Schärfe reinzubringen, kann man das Spiel so gestalten, dass der Spieler, der den Ball zu kurz gespielt hat, den Punkt gar nicht mehr gewinnen kann. Holt er sich den Ballwechsel, gibt es keine Punkte für beide Spieler.
Übung 3: FBI – First Ball In
Bei dieser Übung spielt ihr ganz normale Aufschlagspiele. Ihr könnt z.B. einen Satz oder ein komplettes Match spielen. Die perfekte Vorbereitung für das Punktspiel oder Turnier am Wochenende.
Es gibt nur ein paar modifizierte Regeln:
- Jedes Spiel startet bei 15:15 (oder 30:30 für ganz Eilige)
- Der Aufschläger hat nicht zwei Aufschläge, sondern nur einen
- Verschlägt der Aufschläger seinen Aufschlag, ist das Spiel direkt verloren
- Doch verschlägt der Rückschläger den ersten Ball, hat er auch das Spiel direkt verloren
Bei dieser Übung kann man sehr gut trainieren, bei den Bigpoints da zu sein und durchaus mal etwas zu riskieren, weil es sich auszahlen kann – obwohl es eine enge Gratwanderung ist
Fazit & ein abschließender Rat
Vielleicht hast du dich in meinen Ausführungen weiter oben wieder erkannt. Dann kann ich dir nur raten, die von mir vorgestellten Übungen regelmäßig in den Training zu integrieren. Allerdings wirst du nur davon profitieren, wenn du deinem eigenen Spiel einigermaßen vertrauen kannst.
Es gibt immer Phasen im Tennis, in denen man das Gefühl für seine Schläge verliert. Sogar manche Profis klagen über Yips beim Aufschlag oder fehlendes Vertrauen in bestimmte Spielzüge. Wenn du gerade durch ein solches Tal gehst, ist es vielleicht nicht der beste Weg, auch noch eine Übung auszuprobieren, die dich noch stärker verunsichert. Spielst du z.B. im Moment keinen Service ins Feld, solltest du eher mal meine 20+ Tipps zur Verbesserung deines Aufschlags angucken.
Die von mir vorgestellten Spielformen richten sich an alle, die im Wettkampf grundsätzlich ganz okay spielen, aber unter ihren Möglichkeiten bleiben. Wenn das auf dich zutrifft, wirst du mit den Übungen schnell Fortschritte erzielen, was deine mentale Stärke angeht.
Über den Autor
Ich spiele Tennis seit ich 6 Jahre alt bin, habe über 12 Jahre Erfahrung als Tennistrainer und stehe aktuell auf Platz 288 der DTB-Rangliste der Herren.
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